„Du treibst nur irgendein Teufelszeug!“

Die Frau von Pastor Pedro war einmal bei uns, weil sie geheilt werden wollte. Nach außen beschimpfen sie uns, die Malirinai nennen sie Teufel. Aber wenn der Tod näher rückt, bringen sie ihre Kranken zu uns.

Ich glaube, dass sie es zuerst in ihren Kirchen versuchen. Sie beten zu Gott und bitten um Hilfe aus dem Himmel. In einigen Fällen reicht das aber nicht aus, und den Patienten geht es noch schlechter als vorher. Dann laden die Frauen ihre Kranken aufs Boot und fahren zu meinem Vater. Siehst du, wie verlogen diese Evangelischen sind? Meiner Meinung nach begehen sie große Sünden. Sie lassen sich von meinem Vater heilen und reden trotzdem schlecht über ihn.

„Hier ist kein Platz für dich“, haben sie mir auch schon gesagt, als ich Verwandte am Rio Içana besuchen wollte. „Wenn du bleibst, treibst du nur irgendein Teufelszeug.“

Ich glaube bloß nicht, dass solche Lügner in den Himmel kommen. Warum machen sie sich überhaupt die Mühe, in die Kirche zu gehen? Ich entgegne diesen Evangelischen immer: „Wenn ich der Teufel bin, treffen wir uns in der Hölle.“

Wie die Kleider nach Hipana kamen

Als die ersten Missionare kamen, führten sie auch die Kleider ein. Ich glaube, dass die Patres irgendwo ein Lager voller Kleider hatten, jedenfalls brachten sie große Mengen Sachen zum Anziehen mit. Hier im Dorf wurden sie für jeden zurechtgenäht und passend gemacht. Sie brachten Kleider für Erwachsene und Kinder, in unterschiedlichen Farben, und am Ende bekam jeder von uns vier oder fünf Kleidungsstücke. Die Patres verkauften diese Kleider nicht, sondern alles wurde verschenkt. Also haben wir die Kleider sehr gemocht.

Es dauerte aber lange, bis wir die Kleider auch angezogen haben. Wir waren ja nicht daran gewöhnt. Vor allem mit den Hosen blieb es schwierig, und bis heute finden einige meiner Verwandten Hosen unbequem. Die Patres sagten, dass wir von nun an immer Hosen tragen sollten, und die meisten im Dorf stimmten ihnen zu. Unserer damaliger Häuptling, mein Großvater, war der gleichen Meinung wie die Missionare.

Ich erinnere mich noch daran, dass es gejuckt hat, Kleider zu tragen. Außerdem war es sehr warm. Hosen trocknen nicht gut, wenn man damit aus dem Wasser steigt. Deshalb haben wir in der ersten Zeit die Kleider wieder ausgezogen und auf den Boden geworfen. Aber wenn Pater José mit seinem Kanu zu uns kam, kontrollierte er streng die Kleiderfrage, und irgendwann gewöhnten wir uns daran. Nur mein Großvater, der Häuptling, hatte bis zum Ende keine Lust auf die Kleider. Als ich vielleicht zehn Jahre alt war, sagte er zu mit: „Verdammt noch mal, mein Enkel, dieser Pater José bringt uns ein besseres Leben, aber das ist etwas für euch junge Leute und nichts mehr für mich.“

Irgendwann haben die Patres ihm einen großen Bademantel mitgebracht, weil er ja der Häuptling war. So einen hatte sonst keiner im Dorf. Den Bademantel hat mein Großvater dann immer getragen, und an den Sonntagen, zum Gottesdienst in der Kapelle, zog er sich darunter sogar eine Hose an. Allmählich haben wir uns unserer alten Kleidung, der Gürtel mit der Unterhose dran, geschämt.

Dzuliferi Huhuteni, Schamanenlehrling

Auszug aus dem Buch „Der Sohn des Schamanen“

Sonntagsgottesdienst in Hipana (c) Giorgio Palmera
Kapelle in Hipana (c) Giorgio Palmera
Junge Frau bei der Kleiderwäsche in Hipana (c) Giorgio Palmera