Wie die Kleider nach Hipana kamen

Als die ersten Missionare kamen, führten sie auch die Kleider ein. Ich glaube, dass die Patres irgendwo ein Lager voller Kleider hatten, jedenfalls brachten sie große Mengen Sachen zum Anziehen mit. Hier im Dorf wurden sie für jeden zurechtgenäht und passend gemacht. Sie brachten Kleider für Erwachsene und Kinder, in unterschiedlichen Farben, und am Ende bekam jeder von uns vier oder fünf Kleidungsstücke. Die Patres verkauften diese Kleider nicht, sondern alles wurde verschenkt. Also haben wir die Kleider sehr gemocht.

Es dauerte aber lange, bis wir die Kleider auch angezogen haben. Wir waren ja nicht daran gewöhnt. Vor allem mit den Hosen blieb es schwierig, und bis heute finden einige meiner Verwandten Hosen unbequem. Die Patres sagten, dass wir von nun an immer Hosen tragen sollten, und die meisten im Dorf stimmten ihnen zu. Unserer damaliger Häuptling, mein Großvater, war der gleichen Meinung wie die Missionare.

Ich erinnere mich noch daran, dass es gejuckt hat, Kleider zu tragen. Außerdem war es sehr warm. Hosen trocknen nicht gut, wenn man damit aus dem Wasser steigt. Deshalb haben wir in der ersten Zeit die Kleider wieder ausgezogen und auf den Boden geworfen. Aber wenn Pater José mit seinem Kanu zu uns kam, kontrollierte er streng die Kleiderfrage, und irgendwann gewöhnten wir uns daran. Nur mein Großvater, der Häuptling, hatte bis zum Ende keine Lust auf die Kleider. Als ich vielleicht zehn Jahre alt war, sagte er zu mit: „Verdammt noch mal, mein Enkel, dieser Pater José bringt uns ein besseres Leben, aber das ist etwas für euch junge Leute und nichts mehr für mich.“

Irgendwann haben die Patres ihm einen großen Bademantel mitgebracht, weil er ja der Häuptling war. So einen hatte sonst keiner im Dorf. Den Bademantel hat mein Großvater dann immer getragen, und an den Sonntagen, zum Gottesdienst in der Kapelle, zog er sich darunter sogar eine Hose an. Allmählich haben wir uns unserer alten Kleidung, der Gürtel mit der Unterhose dran, geschämt.

Dzuliferi Huhuteni, Schamanenlehrling

Auszug aus dem Buch „Der Sohn des Schamanen“

Sonntagsgottesdienst in Hipana (c) Giorgio Palmera
Kapelle in Hipana (c) Giorgio Palmera
Junge Frau bei der Kleiderwäsche in Hipana (c) Giorgio Palmera

Im ZDF bei „Volle Kanne“

Kann man dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro trauen, wenn er plötzlich vom Schutz des Regenwaldes spricht? Welche Rolle spielen die indigenen Völker beim Bewahren des Klimas und der Biodiversität? Ein kurzes Interview mit Thomas Fischermann im ZDF-Vormittagsprogramm „Volle Kanne“ – bei dem auch das Buch „Der Sohn des Schamanen“ zur Sprache kam.

Eine Drohne im Regenwald

Für die Kinder von Hipana gab überhaupt keinen Zweifel daran, was die größte Attraktion in ihrem Dorf geworden war: Giorgio Palmera, der Fotograf aus dem fernen Italien, mit seiner aufwändigen aber leider recht unberechenbaren Drohne. Giorgio stand meist schon um vier Uhr morgens auf, um das dunstige erste Sonnenlicht im Urwald einzufangen. Hinter ihm eine Kinderschar, die das Steuern des Geräts irgendwann gut hinbekam – die aber auch laufend über irgendwelche Bachläufe springen oder in irgendwelche Baumkronen klettern mussten, um die verlorengegangene Gerät wieder zurückzubringen. Der Einsatz hat sich aber gelohnt: Giorgio hat aus Hipana Aufnahmen mit einer ganz eigenen Magie mitgebracht.